François Couperins Leçons de tenebres

Diese Kompositionen haben in besonderer Weise unser Musikerleben begleitet.
François Couperin komponierte die "Leçons de tenebres" als nächtliche Klagegesänge für ein Nonnenkloster. Die Wahl der Ornamente, die expressive Harmonik und spezielle Sprachbehandlung machen diese Musik tief beeindruckend und persönlich; es sind vielleicht seine besten Kompositionen. Gleichzeitig ist die Aufführung derselben durch ihre artifizielle Stilistik dem hochqualifizierten Spezialisten vorbehalten; dazu stellt sie höchste Ansprüche an die ausführenden Sängerinnen. So bleibt sie aus sich selbst heraus in ihrer Ursprünglichkeit erhalten und wirksam.

 

KARIN GYLLENHAMMAR

MARGARET C. HUNTER

HANS-GEORG KRAMER

INGELORE SCHUBERT

 

 

 

Die französische Musik des 17. und 18.Jahrhunderts gilt im Vergleich zur Musik anderer Nationen als dem Höfischen, dem Zeremoniellen, dem Formalen am meisten verbunden.
In der Auseinandersetzung der Komponisten mit dem Tode und der Endlichkeit des menschlichen Lebens findet sich aber immer wieder die Transzendierung und Verfremdung der Formen. Diese Spannung zwischen Formalem und Subjektivem ist ein zentrales Element des französischen Lamento: das Manieristische im Gewande der strengen Form - Leben, Tod und Erlösungssehnsucht.
François Couperin komponierte seine "Leçons de tenebres" für ein Nonnen-kloster, für uns ein erstaunliches Phänomen. Musikausübung spielte aber schon in den italienischen Frauenklöstern der Renaissance eine wichtige Rolle. Junge Frauen der Oberschicht gingen ins Kloster und widmeten sich dort der Komposition, dem Instrumentalspiel und dem Gesang und erreichten bisweilen hochvirtuose Fähigkeiten. Ihr weit über die Grenzen hinaus reichender Ruhm führte im Bereich der Künste zu einer gewissen Öffnung der Klöster für ein städtisches Publikum. In dieser Tradition stehen auch die Auftragswerke Couperins, auch sie stellen höchste Ansprüche an die ausführenden Sängerinnen.
Von den ursprünglich neun Leçons wurden drei 1714/15 gedruckt, der Rest muss als verloren gelten. Die erhaltenen Leçons sind für die Trauermetten in der Nacht des Karmittwoch gedacht, daher die Wahl der Texte. Couperin wählt eher strenge Formen: ein immer wieder auftauchender gehender Bass erinnert an Monteverdi's Marienvesper und hält das Geschehen symbolisch zusammen; seine Rezitative sind nicht eigentlich frei vom Metrischen, die Verzierungen sorgsamst vorgeschrieben. Aber die Wahl der Ornamente, die expressive Harmonik und spezielle Sprachbehandlung machen diese Musik tief beeindruckend und persönlich; es sind wohl Couperins beste Kompositionen. Gleichzeitig ist die Aufführung derselben durch ihre artifizielle Stilistik dem hochqualifizierten
Spezialisten vorbehalten. Dadurch bleibt sie aus sich selbst heraus in ihrer Ursprünglichkeit erhalten und wirksam.

HG Kramer